Lied für Louise - Nadel, Faden und Schere als lebenslange Inspiration für Kunst
Wir alle kennen es: an dem einen Tag stehen wir auf, inspiriert fürs vor uns liegende Tagwerk, die Ideen winken uns zu.
Tags darauf will uns partout nichts einfallen, die Leere im Kopf gleicht einer hohlen Nuss. Ein Tag, gänzlich uninspiriert, schleicht sich davon.
Das ist so mit der Inspiration. Mit ihr fällt alles leicht. Ohne sie ist alles mühsam.
Welch geheimnisvolles Wesen sie doch ist, die Inspiration.
Jeder Mensch hat eine Geschichte die er weiter schreibt. Irgendwo in der Vergangenheit begonnen, zieht sie sich wie ein roter Faden durch die Generationen weiter ins Heute. So weben wir alle an unserem Lebensteppich, doch die Fäden haben wir nicht selber ausgewählt. Sie wurden uns in die Hand gelegt. Mit den Jahren entsteht ein Bild, in dem wir nicht nur uns selber wieder entdecken, sondern auch Spuren der Menschen die uns seit frühester Kindheit umgeben.
Diese Fäden sind unsere Inspiration.
Um bei der Metapher des Bildes zu bleiben: was dem einen der Stift, ist der andern die Schere. Oder der Faden. Was sich mit dem einen trennen, lässt sich mit dem andern wieder zusammenfügen. Anderes, vielleicht Neues entsteht. Ein unerschöpfliches Spiel mit Materialien, Formen, Farben.
Dies ist das Umfeld, in welchem die Künstlerin Louise Bourgeois aufwächst: ein Gespinst aus Fäden, Farben und Formen, welche ihr Schaffen lebenslang prägen werden. Die Familie verdient ihren Lebensunterhalt mit Tapisserien. Die Mutter ist Weberin, das Verhältnis zwischen den beiden ist freundschaftlich. Jenes zum Vater ist belastet: in den unvermeidlichen Tischsituationen, in denen der Vater Louise entweder unbeachtet lässt oder sie blossstellt, entstehen ihre erste Brotskulpturen zur eigenen Ablenkung. Zwei Gegensätze, die für ihr späteres Schaffen bedeutungsvoll sein werden.
Doch nun zurück zur Inspiration für die Kunst. Davon erzählt nämlich die Geschichte.
Szenische Lesung - Zusammenfassung:
Louise ist ein glückliches Kind, welches zusammen mit seinen Geschwistern in einer schönen Villa lebt, die am Ufer eines Flusses liegt. Ihre Tage sind angefüllt mit Spiel, am Abend dann schreibt sie alles auf, was sie erlebt hat. Die kleine Louise führt ein buntes Leben. Ihre Mutter, ihr Vater und ihre Grossmutter überlassen ihr immer wieder schöne Stoffresten. Als sie 12 Jahre alt ist, wird sie von ihren Eltern in das Handwerk der Tapisserie-Restauration eingeführt. Von nun an bestimmen Stoffmuster und die Herstellung von Farben ihren Alltag. Sie lernt, wie Farben gewonnen werden und wie man sie anwendet. Louise liebt das Spiel von Farben und Mustern, die unterschiedlichen Stoffarten. Sie erlernt das Handwerk des Webens und Nähen. Als Louise älter wird, entscheidet sie sich für ein Mathematik-Studium. Als ihre Mutter stirbt, ist für Louise der Verlust so gross, dass sie sich von nun an ganz der Kunst widmet. Dieser Verlust ist ihre Inspiration: sie zeichnet, malt und lässt alles aufleben, was sie als Kind von hier Mutter gelernt hat. Sie entwickelt Skulpturen aus ganz unterschiedlichen Materialien, welche sie zusammenfügt. Ihre Mutter stellt sie als übergrosse Spinne dar, um zu zeigen, wie sehr sie mit ihrer Eigenschaft des Webens alles zusammengehalten hat. Weil Louise eine Frau ist, bleibt ihre Kunst lange unbeachtet. Doch sie lässt sich nicht beirren und arbeitet weiter und weiter. Dann, als Louise schon langsam eine ältere Frau ist, wird man auf ihr Werk aufmerksam. Nun erlangt sie Weltruhm und viele Künstler sind immer wieder bei ihr zu Besuch. Louise pflegt ein offenes Haus und liebt die Gespräche mit ihren Besuchern. So hält sie es, bis sie im Jahr 2010 mit 98 Jahren stirbt.
Szenen aus dem Leben der Künstlerin verdichten sich kaleidoskopartig zu Bildern. Die Inspiration wird lebendig.
art-workshop
Louises Geschichte, textile und andere Materialien inspirieren zu Bild und Skulptur, Indigoblau und Scharlachrot bringen Farbtupfer.